„Da, wo ich Freude empfunden habe, habe ich mich lebendiger gefühlt als zu jeder anderen Zeit meines Lebens.“
John Eldredge
Der Alltag brüllt mir durchs Megafon zu, was alles zu tun ist. Ich lasse mich treiben, gebe den Sorgen und To-dos Raum. Ich spüre nicht mehr, dass mir irgendetwas fehlt. Äußerlich scheine ich sogar ziemlich viel auf die Reihe zu kriegen. Es ist wieder aufgeräumt, gesaugt und in der Küche stapelt sich kein dreckiges Geschirr. Das fühlt sich gut an, aber trotzdem bin ich innerlich unruhig. Wenn ich in den Spiegel im Flur schaue, an dem ich tausend Mal vorübereile, habe ich das Gefühl, ich sehe nicht fröhlich aus. Eher müde und erschöpft.
Genau in dieser Stimmung hat mich Gott überrascht und mir ins Herz gesprochen.
Ich zog meine Jacke über und warf einen letzten Blick in den Spiegel, bevor ich zum Kinderarzt fuhr, um ein Rezept abzuholen. Ich stülpte probehalber schon einmal die FFP2-Maske über und war dankbar, dass mein müdes Gesicht zum größten Teil verdeckt wurde. Beim Kinderarzt nahm ich im Wartezimmer Platz, meine Hände rochen nach Desinfektionsmittel und ich versuchte unter der Maske so zu atmen, dass meine Brille nicht anlief. Ich saß allein, bis eine Mutter mit ihrem Sohn auf dem Arm mir gegenüber Platz nahm. Mit großen blauen Augen schaute der Kleine mich an. Ich lächelte und vergaß für einen Augenblick, dass ich Mund- und Nasenschutz trug und mein Lächeln wahrscheinlich gar nicht bei ihm ankam. Überraschenderweise zog der junge Mann die Augenbrauen nach oben und lächelte. Er wurde auf einmal sehr lebendig. Die Ärmchen wedelten in der Luft, er schaute mir direkt in die Augen und begann wild gestikulierend mit mir zu sprechen. Mit größter Dringlichkeit erzählte er und meine Ohren verstanden kein Wort von seinem begeisterten Gebrabbel. Meinem Herzen aber war das egal. Es hatte verstanden. Der kleine Mann wurde ins Behandlungszimmer der Ärztin gerufen und verschwand auf Mamas Arm durch die Glastür. Er warf mir über die Schulter seiner Mutter noch einen Blick zu und ich hatte den Eindruck, er hätte mir gern noch mehr erzählt. Ich blieb lächelnd zurück und nahm die Freude mit nach Hause.
Ich hatte nicht damit gerechnet, Gottes Stimme zu hören. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich an diesem Tag auch noch keinen Kontakt zu ihm gesucht. Als seine Stimme durch diesen kleinen Jungen zu mir sprach, verstand mein Herz, dass es um Freude ging. Wenn es Worte gehört hätte, dann ungefähr diese:
„Schön, dass du da bist! Ich freu mich sehr an dir und lache gern mit dir. Wenn du in den Spiegel schaust, dann siehst du oft nur die Last. Wenn du mit mir zusammen bist, zeige ich dir, was ich sehe: Du bist meine Freude! Ich bin gern mit dir unterwegs. Du bist nicht allein!“
Mein Herz fühlte sich so gesehen, geliebt und fröhlich. Morgens in meinem Spiegelbild hatte ich nur die erschöpfte, sorgenvolle Frau gesehen. Aber der kleine Junge auf dem Arm seiner Mutter hat mein verstecktes Lächeln und die Freude hervorgeholt. Ich fühlte mich wieder lebendig, nicht mehr müde und erschöpft. Das Megafon des Alltags schwieg.
Wenn mein Alltag belastet ist von dem, was zu tun ist und ich nur noch Arbeit, Sorgen und Nöte sehe, brauche ich solche Momente der Freude. Das macht mich lebendig. Dann jubelt und tanzt mein Herz.
Sehnst du dich auch nach Freude? Ich hatte nicht mit Worten darum gebeten. Ich war viel zu sehr beschäftigt mit dem, was sich lautstark in den Vordergrund drängte. Da hatte ich keine Worte. Vielleicht geht es dir ähnlich?
Wenn du gerade keine Worte hast, dann möchte ich dich einladen, kurz durchzuatmen und Gott ganz still dein Herz hinzuhalten. Gib deinem Herzen ein paar Atemzüge Zeit, um sich nach Freude auszustrecken.
Wenn du das gerne mit Worten bekräftigen möchtest, kannst du das folgende Gebet nutzen:
„Mein Herz sehnt sich nach Freude. Jesus, komm und überrasche mich mit Freude, mach mich bitte wieder lebendig!“
Amen
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