Eine kleine Geschichte über das Warten oder auch „Learning to dance in the rain“
Ich sitze im Wartezimmer und warte. Mit mir warten noch einige andere. Manche lenken sich mit einer Zeitschrift ab, um die Zeit zu vertreiben. Eine Frau sitzt zusammengesunken auf ihrem Stuhl. Ein Mann mit rotem Kopf, empört, zornig und hilflos, dass er immer noch wartet, obwohl sein Termin bereits verstrichen ist. Ein paar Kinder sind ins Spiel vertieft. Ich selber bin anfangs noch geduldig und beobachte meine Mitmenschen. Je länger ich warte, desto häufiger ertappe ich mich beim Auf-die-Uhr-schauen, genervtes Seufzen und Augenrollen tritt zutage. Wer warten kann…
So unterschiedlich gehen Menschen mit Situationen um, in denen sie auf etwas warten.
Sind wir nicht alle immer im Warten auf irgendetwas? Wir sind permanent im Wartezimmer des Lebens: auf den Partner, auf Heilung, auf das Ende der Quarantäne, auf das Ende einer Krise, auf eine Beförderung, auf einen besseren Job, dass sich Konflikte auflösen, dass die Kinder größer werden oder aber dass Kinder überhaupt erst kommen?
Wo sitzt du gerade im Wartezimmer des Lebens? Wie geht es dir, wenn du warten musst und wie gehst du damit um?
Lange Zeit zog ich mich in Krankheitssituationen mit 1-2 Büchern ins Bett zurück und saß das aus. Strategie Strauß: den Kopf einziehen, in eine andere Welt flüchten und abwarten, bis der Sturm vorbei ist und sich die Wetterlage wieder verändert hat. Diese Strategie hat mir lange gut gedient.
Aber je länger ich lebe, umso weniger funktioniert sie. Schwierige Situationen halten zunehmend länger an als nur eine Woche und die 1-2 Bücher reichen nicht mehr, um etwas Schwieriges auszusitzen. Ich brauche eine andere Strategie als den Kopf einzuziehen, mich wegzuducken und zu hoffen, dass sich die Situation von selbst wieder auflöst.
Ich erlebe Gott als einen Gott, der Prozesse liebt. Er ist begeistert, Dinge mit uns gemeinsam zu entwickeln, und insbesondere uns zu entwickeln. Er hat sich unserer Reife und unserer Entwicklung verpflichtet. Das ist ihm ein ganz besonderes Herzensanliegen. Oftmals ist es nicht das eine Gebet, auf das Gott hin eingreift und eine Situation grundlegend verändert wie mit einem Schnipsen. Meist ist es eher eine Reise mit ihm gemeinsam. Er verändert dann über die Zeit mehr als die Situation selbst, er verändert uns und unsere Herzen und unsere Beziehung zu ihm.
Mir ist in einer Krisensituation, die länger andauerte (wie kann es auch anders sein ;-)), ein Schild über den Weg gelaufen: Gott flüsterte mir zu:
Life is not about waiting for the storm to pass but learning to dance in the rain.
Es hängt in der Dusche. Gottes Einladung für mich jeden Morgen mit ihm durch den Regen zu tanzen, ob er heute warm oder auch etwas stürmischer und kalt ist. Das Ziel ist es nicht, das Warten zu verkürzen oder das Ziel des Wartens schnellstmöglich zu erreichen, sondern seiner Einladung zu folgen und mich täglich auf diesen Tanz mit ihm einzulassen.
Gott nimmt keine Abkürzungen auf dem Weg zu unserer Reife und was unsere Entwicklung angeht. Er gönnt uns diese Prozesse, denn er liebt es, mit dir unterwegs zu sein. Ich lade dich heute ein, dich darauf einzulassen und den Blick auf das Heute zu lenken. Weg vom Ziel, auf das du wartest irgendwo in der Zukunft, hin auf das Heute mit Jesus. Du darfst heute leben. Mit ihm. Er begleitet dich, feuert dich an, ermutigt dich, hilft dir und möchte mehr verwandeln als deine Situation.
Gott lädt dich auch ein aufzustehen, den Kopf aus dem Sand zu ziehen, den Regenschirm zu nehmen und mit ihm zu tanzen. Und vielleicht fängst du ja an, dieses Unterwegssein mit ihm immer mehr zu genießen?
Wo sitzt du gerade überall im Wartezimmer des Lebens?
Ich ermutige dich, dies in einem Gebet zu Gott zu bringen. Hier findest du einen Vorschlag, wie du mit ihm in Dialog treten kannst:
Jesus danke, dass du heute mit mir unterwegs bist und Gutes vorbereitet hast.
Es tut mir leid, dass ich oft nur auf mein Ziel und meine Wünsche schaue statt auf dich. Ich möchte heute mit dir unterwegs sein. Ich bringe dir meine Flucht, Ungeduld, meine Autonomie und meine Rebellion (setze das ein, was deines ist) und bitte dich um Verzeihung dafür, es tut mir von Herzen leid. Ich wende mich davon ab und lasse mich auf deine Prozesse ein. Deine Pläne für mich sind gut. Du möchtest mich heilen und Gutes aus den Baustellen meines Lebens machen. Du lädst mich heute ein, mit dir zu tanzen. Diese Einladung nehme ich gerne an. Jesus, wie kann ich heute „tanzen“?
Amen
Dann hör mal hin und sei gespannt, was er dir sagt. Vielleicht kommt die Antwort nicht gleich, aber es lohnt sich hinzuhören. Denn dein Gott hat Gutes für dich 🙂
Vielleicht magst du deine Erlebnisse mit uns teilen?
Wir freuen uns über deine Geschichte.
Ich bin erfreut, euch überhaupt gefunden zu haben! Es ist toll, dass ihr das hier macht und euch zeigt, über euch schreibt. Danke. Und da ich heute nacht geträumt habe, dass ich tanzen möchte (was aber zunächst mal irgendwie verhindert wurde), spricht mich dieser Bericht sehr an. Ich bewege ihn in meinem Herzen und werde bewegt – und das ist ja auch schon (fast?) ein Tanz…
Emmi
Liebe Emmi,
danke für deine Ermutigung. Toll, dass du hier bist.
Wie schön, dass der Artikel für dich eine Bestätigung deines Traums ist!
Viel Freude beim Tanzen, im Herzen und mit deinem ganzen Sein 🙂
Liebe Grüße,
Rahel