Erst die Arbeit, dann das Vergnügen?

von | 25. Februar 2022 | innerlich heil werden, befreit leben |

Ein Familienmotto und seine Auswirkungen

Ein typischer Tag in meiner Kindheit – ich kam von der Schule nach Hause, dann gab es Mittagessen. Anschließend standen immer zuerst die Hausaufgaben auf der Agenda, bevor ich spielen durfte. Es war in meiner Familie wichtig, fleißig zu sein und zuerst Pflichten und Arbeiten abzuschließen, bevor Raum für Ruhe und Erholung oder Vergnügen war: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“, so hieß es.

Eigentlich ein gutes Motto, oder? Ich hätte erwarten können, dass es mich zu guten Gewohnheiten und Disziplin führt. Aber heute spüre ich, dass dieses Motto mich auch einengte und gefangen nahm. Denn jedes Motto, auch wenn es noch so „gut“ ist, begrenzt und engt ein:

Meine Eltern waren teilweise selbständig. Das sah so aus, dass mein Vater morgens einem Beruf in Teilzeit nachging und nachmittags dann im eigenen Betrieb arbeitete. Arbeit spielte in meiner Herkunftsfamilie eine große Rolle und durch die Selbständigkeit gab es immer genügend für alle zu tun. Die Arbeit ging nie aus.

Wenn die Arbeit nicht ausgeht, aber zuerst erledigt sein muss, bevor das Vergnügen kommt, dann, ja was dann? Dann bleibt kein Platz für Vergnügen. Der Zustand „nach der Arbeit“ war unmöglich zu erreichen. Es gab kein „nach der Arbeit“ Es gab immer etwas zu tun.

Mein Weg in Freiheit

Über die letzten Sommerurlaube habe ich immer wieder zu einem Buch von John Ortberg gegriffen: „Das Leben, nach dem du dich sehnst“. Er schreibt:  

„Wir müssen Hektik konsequent aus unserem Leben verbannen. Das heißt nicht, dass wir nie beschäftigt sein werden. Jesus hatte eine Menge zu tun, aber er erledigte es nie auf eine Weise, die die lebensspendende Verbindung zwischen ihm und dem Vater trennen konnte… Jesus war beschäftigt, aber er war nie in Hektik“

John Ortberg

Genau danach sehnte ich mich. Das fühlte sich so viel leichter an, als das Leben, das ich führte:

Ich spürte mein Getriebensein, ich konnte schlecht ausruhen. Pausen zu machen fiel mir sehr schwer. Wenn ich es tat, war da doch immer ein schlechtes Gewissen, das mir das nicht erlauben wollte und mies machte. Ich kam nicht zur Ruhe, denn da lag immer noch so viel, was getan werden wollte. Es war mir nicht möglich, Arbeit liegen zu lassen. Ich erreichte so in meinem Leben zwar sehr viel und war dabei auch noch sehr effizient, aber dies brachte eine Ruhelosigkeit und Erschöpfung mit sich, die mir schwer zusetzte und die die „lebensspendende Verbindung mit meinem himmlischen Vater“ stark beeinflusste. So hatte Gott sich das sicher nicht vorgestellt. Ich brachte Gott immer mal wieder meine Ruhelosigkeit, aber spürte immer noch keinen Durchbruch.

Während meiner Coaching Ausbildung ging es im Modul Herkunftsfamilie auch um Familienmottos, die uns prägten. Damals hatte ich keinen so richtigen Zugang, was das bei mir sein könnte. In den letzten Wochen kam dann bei mir dieser Satz wieder hoch: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“

Mir wurde nun über Tage langsam klar, was diese Aussage alles mit mir gemacht hatte. Dieser Satz von außen betrachtet, wirkte wie ein Motto, das ich unbewusst übernommen hatte. Ich war gefangen in diesem Lebensstil, weil dieses Motto mein Leben bestimmte und den Rahmen vorgab, wie ich handelte. Eine starke Festlegung in meinem Leben, die mir viel Überforderung und Erschöpfung brachte und zudem die Ruhe und Vergnügen raubte. Es war wie ein Fluch, an den ich gebunden war. Wieder ging ich zu Gott und fragte, wie ich damit umgehen sollte. Nach ein paar Tagen hatte ich den Eindruck, ich solle erstmal in der Bibel nach dem Begriff „zuerst“ suchen.

Was kommt zuerst, wenn es nicht Arbeit ist?

Mein Blick blieb an Mt 6, 33 hängen:

„Es soll euch zuerst um Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben.“

Anschließend erinnerte ich mich daran, dass Gott den Menschen am 6. Tag erschaffen hatte. Mir wurde bewusst, dass der direkt darauf folgende Tag – der erste Tag den er auf dieser Erde lebte (!) – ein Ruhetag war. Ich war überrascht: Der Mensch hatte noch gar nichts geleistet und das erste was er tun sollte, war sich auszuruhen.

Damit ging ich nun wieder zu Gott. Ich brachte ihm dieses Motto und betete so, wie ich euch das auf der Themenseite Festlegungen vorgestellt habe. Ich löste mich von diesem Motto und nahm die neue Wahrheit an.

Danach spürte ich eine Ruhe, wie ich sie davor nicht gekannt hatte. Das schlechte Gewissen und mit ihm das Getriebensein waren verstummt. Der Druck ließ nach. Ich atmete tief durch und spürte Frieden und Ruhe.

Nun übe ich mich darin, das in mein Leben zu integrieren, Dinge liegen zu lassen, in Verbindung mit Gott zu bleiben und mir Ruhe zu gönnen, auch wenn nicht alle Arbeit zuvor erledigt ist. Die Arbeit kommt nicht mehr zuerst.

Und du?

Welche Familienmottos haben dich geprägt? Was haben sie mit dir gemacht? Und was sagt Jesus zu diesen Mottos?

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